
Konzertberichte 2017
Lacuna Coil
Infected Rain
Kein Delirium nach dem
House Cleaning im Sanatorium

Wieder einmal hatten wir die Qual der Wahl. Entweder Clawfinger im Pratteler Z7 oder Lacuna Coil im Solothurner Kofmehl. Wir entschieden uns für den Besuch in der Ambassadorenstadt und der European Sanatorium Tour von Scabbia, Ferro & Co. Ausschlaggebender Grund war, dass der erste Konzertbericht den wir auf dieser Plattform publiziert hatten vom 2012er Gig der Italiener im Z7 handelte. Daher erachteten wir es als interessant wie sich die Mailänder nach dem House Cleaning vor der Veröffentlichung der neuen Scheibe “Delirium“ entwickelt haben.
Den Konzertabend eröffnete die moldawische Metal-Band Infected Rain. Praktisch vom ersten Ton an sprang der Funke von der vierköpfigen osteuropäischen Band auf das Publikum über. In den kurzweiligen 30 Minuten Show zeigte die agile Frontfrau Lena ihr ganzes stimmliches können. Tiefe, verständliche Growls, melodiöser Clear-Gesang und aggressive hohe Shout’s beeindruckte nicht nur den Schreiberling auch den Mob. Unaufgefordert sangen, klatschten und pogten die Fans mit. Ein Punkt der für die jungen Moldawier spricht. Ist doch das Schweizer Publikum eher reserviert, macht nicht gleich bei der ersten Aufforderung mit, aber wenn’s gefällt sind die Eidgenossinnen- und Genossen kaum zu bremsen. Was beim halbstündigen und leider viel zu kurzen Set von Lena und Ihren Mitmusikern zu beobachten war. Bitte mehr solche Act’s die den Titel Anheizer auch wirklich verdienen und in die Tat umsetzen.
Um 21.00 Uhr war es dann soweit. Zu den Tönen von „Ultimo Ratio“ von der aktuellen Scheibe „Delirium“ enterten die Mailänder Lacuna Coil die Bühne. Seit dem letzten Gig den wir 2012 beigewohnt hatten, veröffentlichte die Band im zwei Jahresrhythmus drei Longplayer: „Dark Adrenaline“, „Broken Crown Halo“ und „Delirium“. Beim Durchhören der Diskografie fällt auf dass sich der Stil vom melodiösen Heavy Metal mit Mitsing-Refrain’s wie z.B. bei „Spellbound“ zu düsterem Melodic-Death-Metal gewandelt hat. Im Vorfeld waren wir gespannt in welche Stillrichtung sich der Gig bewegen wird. Angeführt von der stimmgewaltigen Cristina Scabbia braust der Lacuna Coil Sound vom Start weg in die Glieder der Besucher in der gut zu dreiviertel gefüllten Halle. Der schon erwähnte Heuler „Spellbound“ wurde gleich nachdem Opener serviert. Ein guter Schachzug, das Eis war gebrochen (Wenn überhaupt vorhanden) und die Stimmung wurde von Song zu Song besser. Sie erreichte fast ekstatische Werte Mode Cover Song „Endophyt The Silence“. Praktisch ausnahmslos wurde der Refrain Lautstark mitgesungen und dazu im Takt mitgeklatscht. Ein Großes Verdienst dass der Stimmungsbarometer nahe am Siedepunkt angelangte hatte auch die praktisch neuformierte Band um Ryan Blake Foldern (Drum), Marco Cotti Zlata (Bass) und Diego „Didi“ Cavallotti (Gitarre) die nach dem House Cleaning vor den Aufnahmen zu „Delirium“ zu LC stiessen. House Cleaning ist übrigens ein Begriff aus der amerikanischen Sportwelt, wo bei Sportunternehmen bei unzufrieden stellenden Erfolg, der Staff vom Besitzer (In dem Fall vom Gesangs-Duo Scabbia/Ferro) ausgewechselt wird. Geschadet haben die Wechsel nicht. Die Energie und Lust ist von der Bühne nicht nur durch Vibes, sondern auch durch den tadellosen Sound hör- und spürbar. Wobei hier mal eine Lanze für das Kofmehl Team gebrochen werden muss. Schon bei mehreren Konzerten ist uns aufgefallen dass der Sound hier perfekt auf das Publikum herunterdonnert- nicht alltäglich.
Zum Bühnendekor und der Show: Das Dekor ist karg und nur durch das obligate Hang-Out vorhanden. Mehr braucht es auch nicht wenn eine so betörende Frontlady wie Cristina Scabbia auf der Bühne steht. Die mit Ihrer Gesangskunst, dem attraktiven Antlitz und den durchdachten zu weilen bauchpinselnden Ansagen das Publikum (vorallem die Männlichen) fast um den Verstand bringt wie damals Eva mit dem Apfel Adam. Ein weiteres Markenzeichen ist ebenfalls geblieben und zwar das einheitliche Bühnen-Outfit. Waren es vor fünf Jahren noch Armee-Uniformen steckte die gesamte Band an diesem Abend in Zwangsjacken ähnlichen Overroll’s. Dazu und dem Titel des aktuellen Longplayer’s „Delirium“ ( Bedeutung nach Duden: Aus der Spur geraten) entsprechend setzten sich die Italiener mit diversen Situationen auseinander die Menschen aus der Spur bringen können wie zum Beispiel: Depressionen, Verwirrtheit und Verlust durch den Tod. Das spiegelt sich auch im Corps-Painting der Protagonisten nieder. Während Drummer Folden als Tod hinter dem Drumkitt sitzt stellt Shouter Andrea Ferro die Verwirrtheit dar. Aus der Spur geraten die Norditalier während des gesamten 75 Minütigen Set’s inklusive Zugaben nicht.
Fazit: Die Band hat sich in den letzten fünf Jahren musikalisch wie künstlerisch weiterentwickelt. Geboten wurde eine erstaunliche musikalische Bandbreite von Melodic- bis Death Metal und die Show grenzte an Perfektion ohne dabei steril zu wirken. Wir werden wieder gerne im European Sanatorium einchecken. Arrivederci alla prossima.
Website: Lacuna Coil
Website: Infected Rain
Ultima Ratio
(Depeche Mode cover)
Encore:
Die Bilder
















Datum: 19. Mai 2017
Lokalität: Konzertfabrik Kofmehl Solothurn
Eintrittspreis: Fr. 36.00

